Bad Ditzenbach

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Aktuelles aus der Gemeinde

Öffentliche Bekanntmachung im Wege der Notverkündung!

 

 

Die Gemeinde Bad Ditzenbach erlässt nach § 28 Abs. 1 des Infektionsschutzgesetzes (lfSG) im Wege der Notverkündung folgende
 

Allgemeinverfügung
 
über die Beschränkung von privaten Veranstaltungen in öffentlichen oder ange­mieteten Räumen:
 
1. Die Durchführung von privaten Veranstaltungen in Räumen, die zu diesem Zweck vermietet oder sonst zur Verfügung gestellt werden, beispielsweise Restaurants, Eventlocations, Ver­einsheime oder Gemeindehäuser ist nur zulässig, wenn an ihnen nicht mehr als 50 Perso­nen teilnehmen. Bei der Bemessung der Teilnehmerzahl bleiben Beschäftigte außer Be­tracht. Bei privaten Veranstaltungen handelt es sich um Feiern, die aus üblichen familiären Anlässen wie Geburtstage, Hochzeiten, Taufen, Konfirmationen, Kommunionen, Trauerfei­ern etc. veranstaltet werden.
2. Für den Fall, dass eine  Veranstaltung entgegen Ziffer 1 dennoch stattfindet, wird die An­wendung des unmittelbaren Zwangs angedroht.
3. Diese Allgemeinverfügung gilt am Tage nach der Veröffentlichung als bekannt gegeben.
 
Begründung der Allgemeinverfügung
1. Sachverhalt
Im Landkreis Göppingen sind die Fallzahlen so stark angestiegen, dass die 7-Tages -Inzidenz von 35 Neuinfizierten pro 100.000 Einwohner derzeit überschritten wurde.
 
Das Robert-Koch-Institut (RKI) als konzeptionierende Stelle im Sinne von § 4 des lfSG empfiehlt als geeignete Gegenmaßnahmen zuvorderst die Einhaltung geeigneter Hygiene­maßnahmen, Kontaktreduktionen und der Schutz besonders vulnerabler Personengruppen (vor allem von älteren oder vorerkrankten Personen). Auf Grund der vorliegenden epidemi­ologischen Zusammenhänge steht zu vermuten, dass ein Eintrag des Virus in den Land­kreis Göppingen hauptsächlich durch Personen mit Aufenthalt in einem der Risikogebiete oder durch Kontaktpersonen zu bestätigten Fällen zu Stande kam.
Das RKI gibt derzeit als hauptsächlichen Übertragungsweg des Virus SARS CoV- 2 die Tröpfcheninfektion an. Auch Schmierinfektionen sind möglich. Die Inkubationszeit des Vi­rus beträgt laut RKI bis zu 14 Tage. Es ist nach den vorliegenden Erkenntnissen möglich, dass Personen das Virus in sich tragen und bereits ausscheiden (die Personen  also infek­tiös sind), noch bevor erste Symptome auftreten.
Es gibt daher Fälle, in welchen die betreffende Person (insbesondere bei Kindern) mangels Symptome keine Kenntnis von ihrer Erkrankung hat. Um die Verbreitung der Infektions­krankheit wirkungsvoll zu verhindern, muss das Ansteckungsrisiko daher möglichst mini­miert werden. Andernfalls droht die Gefahr, dass die Strukturen der Gesundheitsversor­gung durch den gleichzeitigen starken Anstieg an Patienten mit ähnlichem Behandlungsbe­darf überlastet werden. Eine solche Überlastung muss dringend vermieden werden.
 
2. Rechtliche Würdigung
            Die Landesregierung hat mit Verordnung vom 23. Juni 2020 (in der ab 30. September  gül­tigen Fassung) auf Grund von § 32 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 31 lfS  infektionsschüt­zende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus SARS-Cov-2 (CoronaVO) verordnet. Ge­mäß § 7 Abs. 1 CoronaVO kann die nach dem Infektionsschutzgesetz zuständige Behörde weitergehende Maßnahmen treffen.
            Aufgrund der dynamisch entwickelnden Lage bei COVID-19-Infektionen sieht der Landkreis     und auch die Ortspolizeibehörde die Notwendigkeit, weitergehende kontaktreduzierende Maßnahmen zur Beeinflussung der Ausbreitungsdynamik zu ergreifen, auch um besonders vulnerable Gruppen zu schützen.
            Die Verfügung beruht auf §§ 28 Abs. 1 und Abs. 3 i.V.m. 16 Abs. 6 Infektionsschutzge­   setz     (lfSG) i.V.m. § 1 Abs. 6 der Verordnung des Sozialministeriums   über Zuständigkeiten nach    dem Infektionsschutzgesetz, Baden-Württemberg (lfSGZustV BW).
            Nach § 1 Abs. 6 lfSGZustV BW ist die Ortspolizeibehörde und damit gemäß § 62 Abs. 4  Polizeigesetz (PolG) die Gemeinde zuständig für den Erlass der getroffenen Anordnung.
            Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus dem Umstand, dass die Örtlichkeiten sich auf dem Gebiet der Gemeinde Bad Ditzenbach befinden.
            Die Verfügung ist zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich  und wurde gemäß §§ 28 Abs. 3, 16 Abs. 6 lfSG auf Vorschlag des  Gesund­heitsamtes des  Landratsamtes Göppingen angeordnet.
            Gemäß § 28 Abs. 1 Satz 2 lfSG kann die zuständige Behörde u. a. Veranstaltungen einer  größeren Anzahl von Menschen beschränken, soweit und solange dies zur Verhinderung  der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist.
            Auf Grund der vorliegenden Erkenntnisse ist der Anwendungsbereich eröffnet. Das Virus SARS CoV- 2 hat sich im Landkreis Göppingen bereits über das festgelegte Maß hinaus  verbreitet. Im Landkreis Göppingen ist mittlerweile die 7-Tages-lnzidenz von 35 Neuinfi­zierten pro 100.000 Einwohner überschritten.
            Aufgrund des vorherrschenden Übertragungswegs (Tröpfcheninfektion) ist eine Übertra­gung  von Mensch zu Mensch, z.B. durch Husten, Niesen, auch durch mild erkrankte oder asymptomatisch infizierte Personen leicht möglich.
 
Es ist aufgrund der Verbreitung im Landkreis Göppingen anzunehmen, dass Tatsachen vorliegen, die zum Auftreten von übertragbaren Krankheiten führen können. Insbesondere bei Personen, die relevanten Kontakt zu einer bestätigt an COVID-19 erkrankten Person hatten, ist auf Grund der vorliegenden Erkenntnisse anzunehmen, dass diese das Virus in sich aufgenommen haben und somit ansteckungsverdächtig sind.
 
Durch die angeordnete Beschränkung von privaten Veranstaltungen in öffentlichen oder angemieteten Räumen sollen die Infektionsketten verlangsamt und möglichst unterbro­chen werden. Damit soll sichergestellt werden, dass nur eine möglichst geringe Anzahl an Menschen infiziert oder zu potentiellen Kontaktpersonen einer infizierten Person wird.
 
            Für die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckungsgefahr gilt dabei kei strikter, alle möglichen Fälle gleichermaßen erfassender Maßstab. Vielmehr ist der gel­tende Grundsatz heranzuziehen, dass an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je größer und folgenschwerer der  möglicherweise eintretende Schaden ist (vgl. BGH, Urteil v. 22.03.2012, Az. 3 C 16/11).
            Aufgrund der besonderen Gefahr, die von dem neuartigen Erreger wegen seiner hohen  Übertragbarkeit und der Zahl der schweren bis hin zu tödlichen Krankheitsverläufe für die öffentliche Gesundheit in Deutschland und weltweit ausgeht, sind an die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung eher geringe Anforderungen zu stellen. Es sind daher Situationen  zu vermeiden, in welchen eine größere Anzahl von Personen aufeinander   treffen und dort  ver­weilen. Eine solche Situation ist allerdings bei den vorgenannten  Veranstaltungen ab  einer Teilnehmerzahl von über 50 Personen zu erwarten.
            Zudem hat sich in den letzten Tagen die Anzahl der Infizierten deutlich erhöht. Es           kom­men täglich neue Infektionen hinzu. Es besteht somit nicht mehr nur die Gefahr einer  Anste­ckung durch Personen aus den Risikogebieten, vielmehr liegt jetzt ein erhöhtes            regionales Risiko vor, sich mit dem SARS-CoV-2 Virus zu infizieren. Darüber hinaus    handelt es sich hier um einen leicht übertragbaren Virus. Ein direkter Kontakt mit infizierten  Personen ist da­her unbedingt zu vermeiden.
            Die vorgenannten Kriterien tragen den bisherigen Erkenntnissen des RKI zu den  Infekti­onswegen Rechnung.
            Die Anordnung einer Maßnahme nach § 28 Abs. 1 Satz 2 lfSG steht im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Behörde.
            Ist danach eine Infektion der Besucher der Einrichtungen oder der Teilnehmer einer Veran­staltung wahrscheinlich, so stellt das Verbot der Veranstaltung ein geeignetes Mittel   dar, um eine Verbreitung der Virusinfizierung und des damit möglichen Ausbruchs der   Atem­wegserkrankung COVID-19 zu verhindern. Mildere gleich geeignete Mittel z. B. durch die Anordnung von geringeren Beschränkungen kamen nicht in Betracht.
Auch ist die Maßnahme angemessen, insbesondere, weil Veranstaltungen in öffentlichen oder angemieteten Räumen nicht generell, sondern nur ab einer hohen Teilnehmerzahl ver­boten wird.
            Es wird dabei auch nicht der Umsatzausfall der mittelbar betroffenen Anbieter von sol­chen Räumlichkeiten verkannt. Diesem wirtschaftlichen Schaden steht jedoch die Gefahr der Verbreitung einer übertragbaren Krankheit, die erfahrungsgemäß zu erheblichen Gesund­heitsbeeinträchtigungen bis zum Tod der erkrankten Personen führen  kann, gegenüber.
            Die Ortspolizeibehörde als zuständige Behörde ist verpflichtet, die Gesundheit und das Le­ben von Personen zu schützen; dies ergibt sich aus dem Grundrecht auf Leben und  körperli­che Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes). In der  gegenwärtigen Situation ist davon auszugehen, dass eine höhere als die erlaubte  Teilnehmerzahl erheblich zu einer weiteren Beschleunigung der Ausbreitung des Virus    beitragen würde.
Bei einer weiteren Ausbreitung der Infektion ist damit zu rechnen, dass diese nicht mehr kontrollierbar ist und das Gesundheitssystem die Versorgung der schwer er­krankten Per­sonen nicht mehr sicherstellen kann. Hierbei handelt es sich um sehr hohe Schutzgüter, denen gegenüber Vorrang zu gewähren ist. Insoweit überwiegt der Gesundheitsschutz der Bevölkerung, insbesondere der Schutz der potentiell von schweren Krankheitsverläufen be­drohten Personen vor einer Ansteckung die allgemeine Handlungsfreiheit und die mittelbar betroffenen wirtschaftlichen Einbußen.
Daher sind die Maßnahmen nach entsprechender Abwägung der betroffenen Rechtsgüter verhältnismäßig.
Nach § 49 Abs. 2, 52 Abs. 2 Polizeigesetz (PolG) ist der unmittelbare Zwang, soweit es die Umstände zulassen, vorher anzudrohen. Mildere Mittel als die Anwendung des unmittelba­ren Zwangs wie z.B. das Zwangsgeldkommen nicht in Betracht um Sie anzuhalten, diese Anordnung zu befolgen. Das Zwangsgeld ist gesetzlich auf höchstens 50.000 EUR be­grenzt. Ferner muss die Anordnung sofort durchgesetzt werden, um die Verbreitung einer übertragbaren Krankheit mit potentiell schwersten Folgen für die Betroffenen zu verhindern. Hierbei verweisen wir nochmals auf unsere Ausführungen zur Prüfung der Verhältnismäßig­keit dieser Verbotsverfügung.
            Gemäß §§ 28 Absatz 3 i.V.m.16 Abs. 8 lfSG haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen diese Maßnahme keine aufschiebende Wirkung.
 
            Hinweise
            Nach § 75 Abs. 1 Nr. 1 lfSG wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geld­strafe bestraft, wer einer vollziehbaren Anordnung nach§ 30 Abs. 1 lfSG  zuwiderhandelt. Diese Allgemeinverfügung stellt mit ihrer Bekanntgabe eine solche vollziehbare Anordnung dar.
Diese Allgemeinverfügung stellt eine Maßnahme nach § 28 Abs. 1 lfSG dar und ist gemäß § 28 Abs. 3 in Verbinndung mit§ 16 Abs. 8 lfSG sofort vollziehbar. Widerspruch und An­fechtungsklage haben keine aufschiebende Wirkung.
 
            Rechtsbehelfsbelehrung
            Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe beim Landrats­amt Göppingen mit Sitz in Göppingen Widerspruch eingelegt werden.
 
            Bad Ditzenbach, den 16.10.2020
 
Herbert Juhn
Bürgermeister
 
 
 
Bekanntmachungshinweis
 
Die Allgemeinverfügung wird auf der Homepage und im Mitteilungsblatt der Gemeinde Bad Ditzenbach veröffentlicht. Ferner wird der vollständige Text der Verfügung im Schaukasten des Rathauses ausgehängt und der örtlichen Presse bekannt gegeben.